Sonntag, 23. Dezember 2018

Erlebnisbericht von Josephine

7 Wochen postpill:

"Ich habe seit meinem 16 Lebensjahr (knapp 10 Jahre lang) die Pille Valette eingenommen. Vor circa einem Jahr überkam mich plötzlich von jetzt auf gleich innere Unruhe und Nervosität. Ich kannte dieses Gefühl bis zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nur von kurz vor Prüfungen oder wichtigen Ereignissen. Da aber nichts besonderes anstand, war ich völlig überfordert. Ich konnte nicht schlafen, hatte ständig Herzrasen und keinen Appetit. Das zog sich über mehrere Tage bis ich schließlich einen Arzt aufsuchte. Er nahm mir Blut ab und die Werte waren völlig in Ordnung, ergo keine körperlichen Ursachen. Ich bekam eine Überweisung zum Psychiater mit der Aussage, es handle sich um ein psychisches Problem. Der Psychiater war sehr nett, nahm meine Beschwerden ernst und verschrieb mir sogleich Angstlöser. Nach ein paar Tagen der Einnahme zeigte sich aber keine Wirkung, weshalb mir Antidepressiva und Schlaftabletten sowie eine Überweisung zu einem Psychologen verschrieben wurden. Ich verstand die Welt nicht mehr - ich und Depressionen oder Angststörungen? Ich bin ein sehr fröhlicher und ausgeglichener Mensch, hatte keinen Stress in der Uni oder andere Sorgen, was also sollte diese Krankheit ausgelöst haben, es ging mir doch eigentlich gut? Ich googelte nach Auslösern, Symptomen, Erfahrungsberichten usw. was keine gute Idee war. Mehr und mehr war ich davon überzeugt, dass etwas mit mir nicht stimmte. Ich war so unendlich traurig, zog mich zurück, hatte keine Freude mehr und war verzweifelt. Nach stetiger Einnahme der Medikamente über 2 1/2 Monate und circa 10 Theraphiesitzungen ging es mir langsam wieder besser. Ich konnte wieder schlafen, meine Gedanken wurde heller und der Appetit kam auch wieder zurück. Ich nahm die Medikamte über ein 3/4 Jahr ein und setze sie schließlich im August unter ärztlicher Aufsicht wieder ab. Es dauerte circa 2 Monate und die Symptome waren von heute auf morgen wieder da. Es überrollte mich förmlich. Ich dachte einfach nur: nicht schon wieder.. wieso schon wieder..?? Ich nahm erneut die Therapie auf und meine Therapeutin zeigte mir Strategien, wie ich aus dem Gedankenkarussell wieder rausfinde. Meine Stimmung wurde tatsächlich wieder besser. Was blieb war die Nervosität, die Unruhe und der fehlende Appetit. Und dann - vor zwei Monaten brachte mich eine Freundin auf den Gedanken, dass vielleicht die Pille der Auslöser war. Ich setzte sie eine Woche später ab. Meine nächste Periode kam pünktlich, zwei Wochen darauf die jedoch schon wieder. Und plötzlich merkte ich Veränderungen. Ich war wacher, lebenfroher und glücklicher. Auch wenn die Nervosität noch da war - sie wandelte sich nun in "freudige Aufregung" um, in etwa wie kurz vor einem Tattootermin o.ä. Ich führte Tagebuch und stellte fest, dass die Nervosität und innere Unruhe zurückging: sie war stärker vor meiner Periode, meine Stimmungsschwankungen ebenso. Und sie wurde schwächer nach der Periode. Stress, Müdigkeit und Alkoholkonsum verstärkten die Symptome. Seit einer Woche verspüre ich kaum noch Unruhe, ich fühle mich wieder wohler. 
Ich kenne meinen Körper seit 26 Jahren, ich weiß welche Gefühle und Gedanken meine sind und ich weiß, was ich einfach NICHT bin und was etwas fremdes in mir auslöst. Ich wusste es von Anfang an (Vor jedem Unruheschub schrieb ich Sätze in mein Tagebuch, wie "Das bin nicht ich. Wieso bin ich nervös und habe Angst??! Was ist nur los mit mir? Ich verstehe mich nicht mehr." Die Häufigkeit dieser Sätze habe ich aber erst im Nachhinein bewusst wahrgenommen.)
Meine Gedanken hierzu: Die lange Einnahme der starken Pille löste bei mir die Unruhe, Nervosität, Appetitlosigkeit und Sensibilität aus, die Angst kam jedoch durch das Reinsteigern in das "Unbekannte" und Unkontrollierbare. Mein dadurch entwickeltes Bewusstsein von meinem Körper hat alles verstärkt. Liebe Frauen und Mädels da draußen: Haltet durch. Führt euch vor Augen, dass ihr damit nicht alleine seid und dass alles wieder gut wird - auch die dunkelsten Momente (und die hatte ich!! Pure Verzweiflung, dass ich nie wieder die alte werden würde) gehen vorbei!!! 
Fühlt euch gedrückt"

7 Kommentare:

  1. Oh mein Gott das könnte meine Geschichte sein. Unglaublich was die Pille mit einem Menschen anrichten kann. Ohne Worte

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    1. Hättest du diese angstschübe und Unruhe auch schon während der Einnahme der Pille? Wie geht's dir mittlerweile? Seit 3 Tagen geht es mir leider auch wieder schlechter.. es wechselt so stetig und ich hätte so gerne irgendetwas, dass mir in einer Akutsituation etwas hilft. Dieses auf und ab ist so anstrengend

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    2. Also wenn du mich meinst, ja hatte ich, ich hatte es so schlimm, dass man mich drauf gebracht hat, dass es von der pille überhaupt kommt. Bei mir hat es 3 monate nach absetzen gebraucht bis überhaupt Besserung eintrat, auch danach ging es mir noch oft schlecht, vor allem während der grippe die ich hatte, habe gedacht alles fängt von vorne wieder an. Ja dieses auf und ab kenne ich auch. Ich gebe nicht auf, bin mir sicher, dass es eines Tages alles wieder gut ist, so wie es vor der Zeit war :-) LG

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  2. die valette setzte ich auch nach etwas mehr als 10 jahren ab. und mir erging es ähnlich. bin nun 9 monate pillenfrei und die zeit bis september war die hölle. seitdem geht es besser aber 100% die alte bin ich immer noch nicht. vor allem die tage vor dem eisprung sind schwierig. es kommen ängste in mir hoch, die ich vorher nicht kannte. mittlerweile habe ich mich darauf eingestellt, dadurch ist es etwas leichter. frage mich aber trotzdem, wie lange es noch dauern wird, bis ich wieder ganz die alte bin. habe auch jedes monat neue körperliche wehwehchen - nasenherpes, pickel am rücken und dekoltee, die schwer abheilen, erkältungen, die ich früher nie hatte, kälteschauer, die mich extrem plagen, appetitlosigkeit, starke monatelange rückenschmerzen, hohen puls, kribbeln in den beinen und druckgefühl im brustkorb. dazu kamen noch die psychischen probleme. ängste, gedanken, dass etwas schlimmes passiert, verzweiflung, innere unruhe, ein gefühl, als ob man gejagt wird, schlechte träume. man will das ganze gar nicht, aber man kriegt es einfach nicht weg, egal wie sehr man sich bemüht oder ablenkt. aber mit den monaten liess sich ein muster erkennen. die tage rund um den eisprung und vor der periode sind schlimm. und die schlechten tage kommen aus dem nichts. quasi von einem moment zum anderen. das erschreckt mich sehr. andere können das alles gar nicht nachvollziehen und glauben auch nicht wirklich an die macht der hormone. mittlerweile weiss ich aber, dass nach 2-3 schlechten tagen alles wieder halbwegs im lot ist. keine ahnung wie lange das noch so weitergehen wird... wahnsinn, was die hormone im körper anstellen können!!! es helfen nur zeit, geduld, vertrauen in sich selbst, menschen, die da sind und einfach nur zuhören, wenn die schlechten tage da sind. ich nehme auch noch unterstützende präperate ein, folsäure, magnesium, selen, vitamin b und mönchspfefferkapsel. seit september und seitdem geht es mir deutlich besser.
    haltet bitte durch! es wird wieder, obwohl es dauert halt...

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    1. Bei mir wurde eine tiefe Venenthrombose diagstiziert nicht schön.Ob es von der Hormonumstellung kommt, konnte mir niemand beantworten.

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  3. Ich war diese Woche nochmals bei meinem Hausarzt. Er ist wirklich der Arzt meines Vertrauens und schaut auch über den Tellerrand hinaus. Er meinte gleich, dass es sehr gut möglich ist, dass die Pille sowas auslöst. Der körper is schließlich ein unfassbar feines Uhrwerk, und die Pille bringt alles durcheinander. Was mir aber aufgefallen ist, dass man tatsächlich "etwas" dagegen arbeiten kann. Sport und mit Freunden treffen lenkt ab. Und Musik hören, spazieren gehen tut auch sehr gut. Je mehr ich mich gegen Angst und Unruhe gesträubt habe, desto schlimmer wurde sie. Auch die Appetitlosigkeit - ich hatte direkt Panik davor etwas zu Essen, weil ich mit dem Gedanken am Tisch sitz: es geht eh nix runter. Was mir sehr hilft: den Zustand einfach annehmen. Augen schließen und hinfühlen: wo genau kommt die Nervosität her. Vom Herzen? Vom Bauch? Und wenn man in einem guten Moment denkt: hoffentlich kommt die Unruhe und Angst nicht wieder, zack is sie wieder da. Auch mein körperbewusstsein ist extrem stark geworden. Ständige horche ich in mich hinein und versuche zu analysieren, was das jetzt wieder für ein neuer Spuk ist. Also nicht gegen die Gedanken und Ängste wehren, sondern einfach zulassen und wenn's geht, ablenken.

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  4. Bin so froh auf dieses Forum gestoßen zu sein. Habe die Pille vor knapp 3 Monaten nach 8 Jahren abgesetzt, da ich nicht länger diese Hormone nehmen wollte und es mir auch gesundheitlich dieses Jahr nicht so top ging. Seit dem absetzen Herzrasen oder stolernen, innere Unruhe, Ängste und weinen, was ich sonst nie hatte. Ständiges in sich reinhörenicht. Früh teilweise aus dem nichts übelkeit bzw. Brechreiz. Teilweise Verspannungen bzw Schulter bzw. Rückenschmerzen. Muskelzucken und manchmal komisches vibrieren im bein. Kann ich gar nicht so beschreiben. Manchmal auch so komische Gefühle oder Schauer die durch den Körper gehen. Ich weiß manchmal echt nicht ob das alles damit zusammenhängt oder ich langsam besser Macke habe. Manches ist schob besser aber dann kommt wieder was dazu. Zyklus war aber sofort wieder regelmäßig. Ich hoffe es wird alles mal besser und ich bin mal wieder normal.

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